Warum müssen wir Ökosysteme wieder herstellen – und wie funktioniert das? Ein Überblick

Die natürliche biologische Vielfalt, also die Vielfalt an Arten, Genen und Ökosystemen, ist die Grundlage für unsere Existenz auf der Erde. Doch sie gerät zunehmend aus dem Gleichgewicht: Arten sterben aus, die genetische Vielfalt wird geringer und auch unsere Ökosysteme kommen an die Grenzen ihrer Belastungsfähigkeit. Ihre Wiederherstellung ist überlebensnotwendig. Deshalb braucht es gezielte Maßnahmen – und das Engagement von uns allen.
Wie funktionieren Ökosysteme?
Ein Ökosystem ist ein bestimmtes geografisches Gebiet, in dem Lebewesen wie Pflanzen und Tiere mit unbelebten Elementen wie Steinen, Luft und Temperatur zusammenwirken. In jedem Ökosystem gilt: Alles hängt miteinander zusammen und beeinflusst sich gegenseitig. Im Grunde ist ein Ökosystem vergleichbar mit einem Mobile. Das System funktioniert, solange alle Mitglieder in ihrer Balance sind. Wenn ein oder mehrere Familienmitglieder – oder eben Komponenten eines Ökosystems – aus dem Gleichgewicht geraten, dann ist das ganze System in Gefahr. Es kann seine Funktion nicht mehr richtig erfüllen und droht, zu kippen.
Warum sind Ökosysteme außer Balance?
Die Ökosysteme unserer Erde sind insbesondere durch menschliche Aktivitäten aus dem Gleichgewicht geraten. Dazu gehören:
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Landnutzung: Intensive Landwirtschaft und die Zerstörung natürlicher Lebensräume durch den Ausbau von Städten sowie Infrastruktur sorgen für den wachsenden Verlust gesunder und fruchtbarer Böden. Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten werden weniger und wichtige Korridore, die Tiere etwa für ihre Wanderungen auf der Suche nach Partnern zur Fortpflanzung nutzen, werden zerschnitten.
- Verschmutzung: Chemikalien, Plastik und Abwässer belasten Böden, Gewässer und die Luft. In der Folge können Tiere und Pflanzen erkranken und sterben, was sich dann beispielsweise über die Nahrungskette auf andere Arten auswirkt.
- Klimawandel: Steigende Temperaturen und extreme Wetterereignisse verändern Ökosysteme stark. Viele Pflanzen und Tiere können mit den sich schnell verändernden Lebensbedingungen wie steigenden Temperaturen, zunehmendem Starkregen und verstärktem Wind nicht Schritt halten. Somit verändert sich die Artenzusammensetzung in Ökosystemen sehr schnell – was zur Degradierung ganzer Landschaften und dem Aussterben vieler Arten führen kann.
- Übernutzung: Fischerei, Abholzung und Wasserentnahme sind so intensiv, dass die Natur nicht genug Zeit hat, sich zu erholen. In den verschiedenen Ökosystemen zeigen sich die Folgen drastisch: etwa durch Wassermangel, überfischte Meere und den Verlust von Wäldern als CO2-Speicher, Lebensraum und Erholungsort.
Was bedeutet die Wiederherstellung von Ökosystemen konkret?
Die Wiederherstellung von Ökosystemen umfasst Maßnahmen, die die geschädigte Natur so versorgen, dass sie wieder in ihr Gleichgewicht kommt. So soll sie „funktionsfähig“ bleiben und weiterhin all das bieten können, was die Lebewesen auf unserem Planten brauchen: sauberes Wasser, fruchtbare Böden, frische Luft, angenehme Temperaturen und ausreichend Lebensraum für alle Arten. Nicht zuletzt kommen all diese Ökosystemleistungen auch uns Menschen zu Gute. Denn ohne sie können wir nicht überleben.
Ökosysteme wiederherzustellen und zu schützen ist eine komplexe Aufgabe. Es braucht dafür nicht nur viel Fachwissen, sondern vor allem auch die Bereitschaft, mit und von der Natur zu lernen. Denn: Jedes Ökosystem ist individuell und seine ganz eigenen Charakteristika müssen bei der Wiederherstellung beachtet. Dabei sind zum Beispiel folgende Aspekte wichtig: Wo befindet sich das Ökosystem? Welchen klimatischen Bedingungen ist es aktuell ausgesetzt? Inwiefern wirken sich menschliche Aktivitäten bereits auf das Ökosystem aus – und wie können diese Auswirkungen nachhaltig verändert werden?
Allgemeine Beispiele für Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung von Ökosystemen sind:
- Moor-Wiedervernässung: Intakte Moore binden in ihrem Torf sehr viel CO2 und bieten Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten. Für die Landwirtschaft wurden in den letzten Jahrhunderten viele Moore weltweit trockengelegt. Deshalb brauchen wir Maßnahmen, um den Wasserstand in Mooren zu erhöhen.
- Wiederaufforstung: Gesunde Wälder speichern CO2, sorgen für gute Luft, sind Lebens- und Erholungsraum – und liefern uns Holz. Damit sie erhalten bleiben, müssen wir vermehrt auf Misch- statt Monokulturen setzen und vermehrt Arten pflanzen, die an die sich wandelnden klimatischen Bedingungen wie höhere Temperaturen und längere Dürreperioden angepasst sind. So können resiliente Wälder entstehen, die auch in Zeiten des Klimawandels bestehen können.
- Rückbau von Flussbegradigungen: Die Begradigung von Flüssen hat viele wertvolle Ökosysteme zerstört. Wo wir Flüssen wieder mehr Raum für ihren natürlichen Weg geben, entstehen beispielsweise Auen. Sie sind nicht nur wichtiger Lebensraum für viele Vögel und Amphibien, sondern können bei Starkregenereignissen viel Wasser aufnehmen – und somit dem Hochwasserschutz dienen.
- Entsiegelungen: Wo wir versiegelte Flächen wie Steinpflaster oder Betondecken wieder entsiegeln, kann sich der Boden gesünder entwickeln – und beispielsweise wieder Wasser aufnehmen, Kohlenstoff speichern und dazu beitragen, die Luft zu kühlen.
Ökosysteme jetzt schützen – Wir alle sind gefragt
Jetzt ist die Zeit, zu handeln: Denn nur intakte Ökosysteme sind widerstandsfähig gegenüber Klimawandel und Artenverlust. Noch völlig unterschätzt ist außerdem die Relevanz intakter Ökosysteme für unsere Wirtschaft: Einnahmen etwa aus Landwirtschaft, Fischerei und Tourismus sind direkt von der Funktionsfähigkeit der Ökosysteme abhängig.
Maßnahmen müssen auf allen Ebenen ergriffen werden, um Ökosysteme weltweit zu schützen und wiederherzustellen: lokal, regional, national und international. Mehr über konkrete Maßnahmen auf internationaler Ebene gibt es hier. Auf nationaler Ebene engagiert sich Deutschland mit verschiedenen Programmen gezielt für die Wiederherstellung. Hier gibt es weitere Informationen dazu.
Aber auch jede*r einzelne kann ab sofort dazu beitragen, unsere Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen. Ganz konkret können wir beispielsweise:
- Unseren Garten oder Balkon mit heimischen Pflanzen und Wildblumen naturnah gestalten: So bietet er Lebensraum und Nahrung für Insekten & Vögel.
- Bei lokalen Projekten mitmachen, die sich für eine nachhaltige Landnutzung, Naturschutz oder Umweltbildung einsetzen
- Nachhaltig konsumieren: Wenn wir weniger Fleisch essen und regionale, saisonale sowie ökologisch produzierte Produkte kaufen, verkleinern wir unseren ökologischen Fußabdruck und fördern nachhaltige Landwirtschaft.
- Weniger Plastik benutzen: Plastikabfälle und Mikroplastik belasten Ökosysteme weltweit. Wenn wir weniger Plastik kaufen, ist das ein sehr guter Hebel dagegen.
- Uns politisch engagieren: zum Beispiel für eine nachhaltige Stadtplanung, nachhaltige Landwirtschaft oder den Schutz von Wäldern, Gewässern und Mooren
Weitere Tipps haben wir außerdem hier gesammelt.
Los geht´s
Der Schutz und die Wiederherstellung unserer Ökosysteme sind lebensnotwendig – und können nicht warten. Die gute Nachricht: Was wir heute investieren, um unsere Ökosysteme zu retten, zahlt sich langfristig aus – für uns alle. Nutzen wir die Chance! Denn: There is no planet B 😉.